Olympia-Kandidaten im Portrait: Marathon-Läuferin Ulrike Maisch

Von Kai Rehberg
Ostsee-Zeitung

Sieben Leichtathletinnen und Leichtathleten bereiten sich derzeit auf die Olympischen Spiele in Peking (08.08. - 24.08.08) vor. In Zusammenarbeit mit der OSTSEE-ZEITUNG stellt ihnen der Leichtathletik-Verband Mecklenburg-Vorpommern seine Hoffnungsträger für Spiele in China vor. Heute: Marathon-Läuferin Ulrike Maisch vom 1. LAV Rostock.

Es wird ernst. Am Sonntag fällt in Hamburg die Entscheidung. Olympia in Peking mit oder ohne Ulrike Maisch. Der Hamburg-Marathon ist ihre einzige Chance. Kein Bonus für die Sensations-Europameisterin von Göteborg 2006, die sich gegen starke Konkurrenz im eigenen Land durchsetzen muss. Die Auslese ist hart: Sechs Kandidatinnen gibt es, vier haben die Verbandsnorm (2:31 Stunden) schon unterboten, aber nur drei fahren nach Peking. „Der Druck ist da. Es gibt für mich nur diesen einen Wettkampf. Entweder hab’ ich dann die Norm oder nicht“, weiß die Rostockerin, die persönliche Bestzeit laufen muss (bisher 2:30:01 vom EM-Sieg), um in China dabei zu sein. „Das macht die Sache nicht einfacher, aber ich traue es mir zu“, sagt Maisch, die mit dem Marathonlauf eine Hassliebe verbindet: „Eigentlich ist es sehr schön, aber am Ende muss man sich quälen.“ 150 Minuten brauchte Ulrike Maisch an jenem verregneten 12. August 2006 in Göteborg, um schlagartig berühmt zu werden. Nicht mal von einer Medaille hatte die EM- Achte von 2002 damals zu träumen gewagt. Es wurde Gold nach dem Lauf ihres Lebens. „Der absolute Wahnsinn“, wie sie damals mit Freudentränen in den Augen drauflosjubelte. Über Nacht stand sie im Rampenlicht. Ehrungen, TV- Auftritte, Talkshows, Termine – die deutsche „Leichtathletin des Jahres 2006“, die von sich selbst sagt: „Ich bin nicht so’ne öffentliche Person“, war plötzlich gefragt wie nie.

Dass die als zurückhaltend geltende Läuferin dem 1. LAV Rostock die Treue hielt, war durchaus nicht selbstverständlich. „Uli hat gezeigt, wo ihre Wurzeln sind“, sagt Klubchef Ralf Skopnik und hebt hervor: „Wenn es um Dinge im Verein geht, muss man sie nicht lange bitten.“ Nur sportlich war seitdem wenig von ihr zu lesen. Und wenn, dann meist Meldungen über Verletzungen oder Absagen. „Sie ist in Göteborg ganz oben gewesen. Aber danach kam schnell der Absturz. Es ging von einer Verletzung zur anderen“, blickt ihr Trainer Klaus-Peter Weippert zurück: Ausstieg beim Köln-Marathon im Oktober 2006, 2007 dann immer wieder Probleme mit dem linken Fuß, Absage in Hamburg, WM-Verzicht.

„Wenn man nicht laufen kann, ist das schon ganz schön deprimierend“, gesteht Ulrike Maisch, die in den B-Kader des DLV abrutschte. „Außerdem kann man ja beim Laufen ganz gut Geld verdienen. Und 31 bin ich ja auch schon.“ Platz sechs Ende 2007 beim Frankfurt-Marathon, dem einzigen seit ihrem EM-Triumph, war ein kleiner Lichtblick nach langer Durststrecke.

„In diesem Jahr muss Leistung her“, weiß Ulrike. Denn nicht nur ihre Kaderzugehörigkeit steht auf dem Spiel. Auch ihre Stelle als Sportsoldatin bei der Bundeswehr, die die Hauptgefreitin für den Sport freistellt, ist mehr oder weniger von der Olympia-Teilnahme abhängig. Große Erwartungen also vor dem Hamburg-Marathon. Ein Rennen, an das Maisch mit einem Vier-Jahres-Vertrag gebunden ist und dafür eine fünfstellige Summe erhält. Moralische Rückenstärkung erfährt die gebürtige Stralsunderin an der Alster von vielen Verwandten, Vereinskameraden – und von Richard. Ihr aus der Nähe von München stammender Freund, mit dem sie erst seit wenigen Wochen zusammen ist, wird erstmals mit an der Strecke stehen. „Jetzt haben wir zum ersten Mal seit der EM wieder zufriedenstellend trainieren können“, sagt Weippert, der die 31-Jährige auch in Management-Fragen berät. Der Coach vom 1. LAV Rostock scheuchte seinen Schützling nach Trainingsaufenthalten auf Lanzarote und in Südspanien zuletzt drei Wochen bei Berchtesgaden durch die Skilanglaufloipen.

Erst Mitte April zog man zum Lauftraining nach Marburg um. „Da bin ich ein bisschen abergläubisch“, verrät Weippert. Auch vor der EM hatte sich das Duo in der hessischen Unistadt vorbereitet. Ein gutes Omen?

Mehr: Ulrike Maisch im Internet www.ulrike-maisch.de.

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