Olympia-Kandidaten im Portrait: Kugelstoßerin Petra Lammert

Von Burkard Zingler
Ostsee-Zeitung

Sieben Leichtathletinnen und Leichtathleten bereiten sich derzeit auf die Olympischen Spiele in Peking (08.08. - 24.08.08) vor. In Zusammenarbeit mit der OSTSEE-ZEITUNG stellt ihnen der Leichtathletik-Verband Mecklenburg-Vorpommern seine Hoffnungsträger für Spiele in China vor. Heute: Kugelstoßerin Petra Lammert vom SC Neubrandenburg.

„Das werde ich schon schaffen“, sagt Petra Lammert und meint nicht weniger als die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking. Dabei weiß die Wahl-Neubrandenburgerin, dass mindestens eine von vier deutschen Kugelstoß-Hoffnungen im Reich der Mitte nicht dabei sein wird. Doch für die Gelassenheit gibt es gute Gründe. Da wären zum einen die enormen Fortschritte seit 2006, jenem Jahr, an dessen Beginn sie zum Neubrandenburger Erfolgscoach Dieter Kollark wechselte. Zum anderen ist Petra Lammert mit 24 Jahren noch recht jung für eine Kugelstoßerin und besitzt weitere Olympiachancen.

Auch wenn die EM-Dritte von 2006 und deutsche Meisterin der beiden vergangenen Jahre auf den ersten Blick eher zurückhaltend wirkt – sie kennt ihre Stärken genau. Risikobereitschaft und Ehrgeiz nennt sie an erster Stelle. Beides hat sie 2005 getrieben, als sie ein vierwöchiges Probetraining bei Dieter Kollark absolvierte. „Als Ergebnis stand eine Steigerung um 40 Zentimeter“, staunt Lammert, die in Freudenstadt im Schwarzwald geboren wurde und die damals für den VfB Stuttgart startete, noch heute.

Doch viel wichtiger war für die jungen Athletin etwas ganz anderes: „Das Training war viel professioneller als alles, was ich bisher kannte.“ So habe ihr der von Kollark beim Kraftaufbau praktizierte Einsatz der 7,25 Kilogramm schweren Männerkugel „unheimlich viel gebracht“. Zum Vergleich: Das Frauengerät wiegt nur vier Kilogramm. Nach den vier Wochen stand für die junge Frau fest, dass der Test in einen Umzug münden würde.

„Ich wusste, was ich erreichen wollte und dass das nur bei Herrn Kollark geht. Außerdem haben es mir die Menschen in MV leicht gemacht“, erinnert sie sich an den Ortswechsel über 800 Kilometer – für eine 21-Jährige sicher keine Selbstverständlichkeit. Bei den Menschen in MV hat sich Petra Lammert übrigens auf besondere Weise „bedankt“: Ihr schwäbischer Dialekt ist lupenreinem Hochdeutsch gewichen.

An all das hat die erfolgreiche Kugelstoßerin ganz bestimmt nicht gedacht, als sie vor 20 Jahren in der „Babyliga“ in Freudenstadt als Fußballerin erste Bekanntschaft mit dem Sport machte. „Meine Eltern behaupten, an mir wäre damals ein Junge verloren gegangen.“ Wegen der faszinierenden Schnelligkeit sei sie als Achtjährige zur Leichtathletik gewechselt und weitere vier Jahre später „beim Kugelstoßen hängen geblieben“. 2003 folgte der Wechsel zum VfB Stuttgart. Und obwohl es dort 2005 erstmals richtig aufwärts ging, stand ihr Wechselentschluss fest.

Mittlerweile ist Petra Lammert bei 20,04 Meter (2007) angelangt und empfindet das als „Sprung in eine andere Liga“. Dass es noch nicht die Bundesliga ist, weiß die Athletin, die mit 1,77 Meter Größe und 78 Kilogramm Gewicht alles andere als Gardemaße fürs Kugelstoßen mitbringt. „Dafür verfüge ich über sehr schnelle Muskelfasern“, hebt sie hervor.

Dieter Kollark, der wesentlichen Anteil daran hat, dass sein Schützling nach dreijähriger Schulpause derzeit das Abitur nachholt, weiß das auch. Dennoch hält der 63-jährige Coach, der einst Astrid Kumbernuss zur Olympiasiegerin und dreifachen Weltmeisterin formte, ein Aber parat: „Die Diskrepanz zwischen Training und Wettkampf ist bei Petra einfach zu groß. Jedenfalls ist mir einiges, was ich mit ihr schon erreichen wollte, noch nicht gelungen.“ Vielleicht hilft ja Petra Lammerts Ehrgeiz, dass sich das eine oder andere noch existierende Problem bald in Luft auflöst. Die nötige Gelassenheit vermittelt jedenfalls Diskus-Weltmeisterin Franka Dietzsch (40), Trainingsgefährtin und seit ein paar Monaten trotz des Altersunterschieds beste Freundin der 24-Jährigen. Mit diesem Background will Lammert die Hürden nach Peking nehmen und dabei Denise Hinrichs (TV Wattenscheid/früher SC Neubrandenburg), Nadine Kleinert (SC Magdeburg) oder Christine Schwanitz (SV Neckarsulm) ärgern. Am besten jedoch alle drei.

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